Mittwoch, 17. März 2010

Urteilsbegründung der Klageabweisung durch das Landgericht Meiningen

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Wie bereits berichtet, hatte das Landgericht Meiningen mehrere von der Kanzlei Schmeyer gegen SMP-Anleger (sog. Genussrechtswandler) im Namen der SMP Beteiligungs GbR II eingereichte Klagen abgewiesen (Urteile vom 17. Februar 2010, Az. 2 O 912/09 u.a.). Das Gericht kritisierte das Verhalten der Kanzlei Schmeyer, die sich nicht auf eine Bevollmächtigung durch Herrn Walter Kraus berufen könne.

Inzwischen liegen die Urteilsgründe des Landgerichts Meiningen vor:

"Die Klage ist als unzulässig zurückzuweisen, da die Klägerin nicht ordnungsgemäß vertreten ist, §§ 56 Abs. 1, 51 Abs. 1 ZPO.

Streitgegenständlich wird die Klägerin - ausweislich des Klagerubrums - durch den "Liquidator, Herrn Walter Kraus" vertreten. Herr Kraus ist jedoch nicht berechtigt, die Klägerin als Liquidator zu vertreten:

Nach § 730 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz BGB steht die Geschäftsführung von der Auflösung an grundsätzlich allen Gesellschafter gemeinschaftlich zu, wobei aber auch eine anderweitige Regelung möglich ist (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., § 730 Rn. 3; OLG Köln, NJW-RR 96, 27).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist streitgegenständlich allerdings keine anderweitige Regelung, insbesondere keine Regelung dahingehend getroffen, dass Herr Kraus als Liquidator berechtigt ist, die Klägerin im Liquidationsstadium zu vertreten.

Wie die Klägerin zunächst selbst einräumt, ist in ihrem Gesellschaftsvertrag keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Liquidation getroffen. Der Ansicht der Klägerin, im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ergebe sich, dass der Herr Kraus Liquidator sein solle bzw. es habe - da es sich bei der Klägerin um eine Publikumsgesellschaft handele – eine telelogische Reduktion dahingehend zu erfolgen, dass die "bisherigen Geschäftsführer" die Gesellschaft auch im Liquidationsstadium vertreten, vermag die Kammer nicht zu teilen.

Eine ergänzende Vertragsauslegung verbietet sich. Insofern ist mit der genannten gesetzlichen Vorschrift des § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Regelung getroffen. Aus dem Umstand, dass die Gründungsgesellschafter keine ausdrückliche Regelung für den Fall der Liquidation getroffen haben, lässt sich nicht schließen, dass diese etwa den Willen hatten, die gesetzliche Regelung solle nicht gelten.

Auch der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um eine Publikumsgesellschaft handelt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn in diesem Zusammenhang kann nicht die Anzahl von Gesellschaftern bzw. die Händelbarkeit (erhöhter Aufwand) im Zusammenhang mit der Herbeiführung von Gesellschafterbeschlüssen entscheidend sei. Für eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung besteht hier - auch unter Berücksichtigung der Interessenlage der beigetretenen Gesellschafter - keine Veranlassung.

Schließlich ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus den "Beitrittsbedingungen und Risikohinweisen" eine Befugnis für Herrn Kraus, die Klägerin als Liquidator zu vertreten. Aus der Formulierung in § 3 "Der Gesellschafter ist damit einverstanden, dass die Auseinandersetzung ohne gesonderten Gesellschafterbeschluß erfolgt" lässt sich eine entsprechende Befugnis nicht herleiten. Denn dieser Bestimmung kann gerade nicht entnommen werden, dass von der gesetzlichen Vertretungsregel im Fall der Liquidation abgewichen werden soll; eine Vertretungsregelung ist in der betreffenden Bestimmung vielmehr überhaupt nicht angesprochen.

Soweit die Klägerin die Liquidatorenstellung von Herrn Kraus aus dem Urteil des LG Hof zu dem AZ 12 O 179/03 herleitet, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn dieses Urteil entfaltet seine Rechtskraftwirkung nur zwischen den an jenem Verfahren beteiligten Parteien, nicht aber zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits.

Ist somit Herr Kraus nicht berechtigt, die Klägerin im Liquidationsstadium zu vertreten, so mangelt es auch an einer wirksamen Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten zur Führung des streitgegenständlichen Rechtsstreits, da nach dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Original-Vollmacht von Herrn Kraus unterzeichnet wurde.

Der Mangel der ordnungsgemäßen Vertretung der Klägerin durch Herrn Kraus war von Amts wegen gemäß § 56 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen. Der Mangel der Vollmacht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist von dem Beklagten gerügt worden (§ 88 Abs. 1ZPO).

Von der Möglichkeit, Herrn Kraus als Liquidator gemäß § 56 Abs. 2 ZPO mit dem Vorbehalt der Beseitigung des Mangels zuzulassen, konnte bereits deswegen kein Gebrauch gemacht werden, weil die hierfür notwendige Voraussetzung - Gefahr im Verzug für die Klägerin - nicht gegeben ist.

Von der Möglichkeit, die Prozessbevollmächtigten der Klägerin einstweilen nach § 89 ZPO zuzulassen, hat die Kammer aus den nachfolgenden Gründen abgesehen. Die Klägerin wurde in der mündlichen Verhandlung am 17.02.2010 auf den Mangel der ordnungsgemäßen Vertretung durch den Liquidator Kraus wie auch auf den daraus resultierenden Mangel der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der Klägervertreter hingewiesen. Die Möglichkeiten einer einstweiligen Zulassung wurden dem Klägervertreter dargestellt. Hierauf erklärte dieser, dass die Klägerin auch nach ihrer Ansicht auf der ordnungsgemäßen Vertretung und auf der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung der Klägervertreter beharre. Die in den Raum gestellte Möglichkeit der einstweiligen Zulassung und der Herbeiführung eines gesonderten Gesellschafterbeschlusses zur wirksamen Bestellung von Herrn Kraus als Liquidator, wurde abgelehnt. Unter diesen Umständen sah es die Kammer als untunlich an, - gegen den Willen der Klägerin - von der Möglichkeit einer eil1stweiligen Zulassung Gebrauch zu machen.

Mangels ordnungsgemäßer Vertretung der Klägerin war somit die Klage bereits als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Kammer Herrn Kraus unter Heranziehung des "Veranlassungsprinzips" auferlegt. Herr Kraus hat die nicht ordnungsgemäße Klageerhebung durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin veranlasst (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 56 Rn. 11 mit Rechtssprechungsnachweisen).

Gegen das Urteil kann die Gegenseite noch Berufung einlegen.


Anmerkung: Setzt sich die Auffassung des Landgerichts Meiningen durch, darf weder Herr Walter Kraus noch die angeblich von ihm beauftragte Kanzlei Schmeyer die SMP Beteiligungs GbR II vertreten. Die dann ohne Rechtsgrund dem Gesellschaftsvermögen entnommenen Geldbeträge (Gerichtskosten, Anwaltskosten etc.) wären dann umgehend zurückzuerstatten.

Auch alle anderen von der Kanzlei Schmeyer im Namen der SMP Beteioligungs GbR II vorgenommenen Rechtshandlungen wären unwirksam, insbesondere die dann ohne wirksame Vollmacht von der Kanzlei Schmeyer mit Genussrechtswandlern abgeschlossene Vergleiche sowie Abtretungen.

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