Freitag, 23. September 2011

Bundesgerichtshof stellt letztinstanzlich fest, dass Herr Kraus die SMP Beteiligungs GbR II nicht vertreten darf

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Wie bereits berichtet, hat der Bundesgerichtshof (BGH) in drei Gerichtsverfahren höchstrichterlich festgestellt, dass Herr Walter Kraus die GbR nicht vertreten kann (Urteile vom 5. Juli 2011, Az. II 199/10, II ZR 208/10, II ZR 209/10). Vereinbarungen, die Herr Kraus bzw. die von ihm beauftragte Kanzlei Schmeyer für die GbR geschlossen haben, sind damit nach unserer Ansicht unwirksam.

Die Entscheidungsgründe des Bundesgerichtshofs liegen inzwischen vor. Die die Klagen der GbR als unzulässig abweisende Berufungsurteile des Thüringer Oberlandesgerichts sind damit rechtskräftig.

Der BGH verweist auf die gesetzliche Regelung des § 730 BGB (gemeinsame Vertretung durch die Gesellschafter) und die unterschiedliche Interessenlage im Liquidationsstadium. Er führt in den Urteilsgründen wie folgt aus (Hervorhebungen durch den Autor):

Die Klage ist unzulässig, weil die Klägerin durch ihren ehemals einzeln geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Gesellschafter Walter Kraus in der Liquidation nicht mehr vertreten wird. Zur Vertretung berechtigt sind von der Auflösung an alle Gesellschafter gemeinschaftlich (§ 51 Abs. 1 ZPO; § 730 Abs. 2 Satz 2, § 714 BGB). (…)

2. Die Klägerin ist aufgelöst, nachdem durch die Insolvenz der SMP GmbH und der SMP Finanzdienstleistungen AG die Erreichung des in den §§ 4 bis 6 des Gesellschaftsvertrages näher ausgestalteten Gesellschaftszwecks unmöglich geworden ist (§ 726 BGB).

Die Auflösung der Gesellschaft hat grundsätzlich zur Folge, dass die einzelnen Gesellschaftern verliehene Einzelgeschäftsführungsbefugnis nach § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB erlischt. Die Geschäftsführung und Vertretung steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.

3. Eine Ausnahme davon ergibt sich weder aus einem Beschluss der Gesellschafter der Klägerin (a) noch aus einer Auslegung des Gesellschaftsvertrages (b). Auch eine analoge Anwendung von § 265 Abs. 1 AktG oder § 66 Abs. 1 GmbHG scheidet aus (c).

a) Die Gesellschafter können die Geschäftsführung und Vertretung der Abwicklungsgesellschaft durch Beschluss einzelnen Gesellschaftern übertragen (Erman/Westermann, BGB, 12. Aufl., § 730 Rn. 10; Timm/Schöne in Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 730 Rn. 23; MünchKommBGB/Ulmer/ Schäfer, 5. Aufl., § 730 Rn. 47). Das ist hier jedoch nicht geschehen. Auf der Gesellschafterversammlung vom 18. Dezember 2002 kam ein entsprechender Beschluss gerade nicht zustande. Umstände, die auf eine Neubegründung der Einzelgeschäftsführungsbefugnis kraft Rechtsscheins hindeuten würden, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

b) Auch die Auslegung des Gesellschaftsvertrages der Klägerin ergibt nicht, dass im Falle der Auflösung durch Zweckverfehlung der bisherige geschäftsführende Gesellschafter Kraus die Geschäfte der Auseinandersetzungsgesellschaft führen sollte.

aa) Bei der auf Kapitalsammlung ausgerichteten Klägerin mit 3.400 Gesellschaftern handelt es sich um eine Publikumsgesellschaft, so dass der Senat den Gesellschaftsvertrag selbst auslegen kann. Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften sind zum Schutz später beitretender Gesellschafter nach dem objektiven Erklärungsbefund nur anhand des schriftlichen Vertrages auszulegen (BGH,...), wobei der Text der Beitrittserklärung Berücksichtigung findet (BGH, Urteil vom 5. November 2007 - II ZR 230/06, NJW-RR 2008, 419 Rn. 19).

bb) Im Gesellschaftsvertrag vom 30. Juni 2001 und auch in der Beitrittserklärung fehlt es an Regeln für die Auflösung durch Zweckverfehlung. Es findet sich vor allem kein Anhaltspunkt dafür, dass einer der beiden geschäftsführenden Gesellschafter in diesem Fall der Auflösung Liquidator werden sollte. Dies sieht auch die Revision so.

cc) Entgegen der Auffassung der Revision führt auch eine ergänzende Auslegung des Gesellschaftsvertrages zu keinem anderen Ergebnis. Allerdings kann nicht, wie das Berufungsgericht annimmt, ohne weiteres auf § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB zurückgegriffen werden. Denn soweit irgend möglich, sind Lücken von Gesellschaftsverträgen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden. Ein Rückgriff auf das dispositive Gesetzesrecht kommt nur als letzter Notbehelf in Betracht (BGH, Urteil vom 20. September 1993 - II ZR 104/92, BGHZ 123, 281, 286; MünchKomm BGB/Ulmer, 5. Aufl., § 705 Rn. 174). Der übrige Inhalt des Gesellschaftsvertrages der Klägerin und die sonstigen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umstände sowie die objektive Abwägung der Interessen der am Vertragsschluss beteiligten Parteien lassen aber keinen hypothetischen Parteiwillen dahin erkennen, dass bei einer Liquidation nach Zweckverfehlung abweichend von § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB die bisherigen einzeln geschäftsführungsberechtigten Gründungsgesellschafter als Liquidatoren auch die Geschäfte der Auseinandersetzungsgesellschaft führen sollten.
Aus dem Umstand, dass die Klägerin nur für kurze Zeit bestehen und bei Zweckerreichung nach § 5 des Gesellschaftsvertrages eine Auseinandersetzung ohne gesonderten Beschluss gemäß § 726 BGB erfolgen sollte, kann entgegen der Auffassung der Revision nicht gefolgert werden, die Satzung wäre, wenn man den Fall der Zweckverfehlung mitbedacht hätte, dahin ergänzt worden, dass die Geschäftsführer aus Gründen besserer Praktikabilität sowohl im Fall der Zweckerreichung als auch im Fall der Zweckverfehlung als Liquidatoren hätten fungieren sollen. Diese Auslegung wird den deutlich unterschiedlichen Interessenlagen der Gesellschafter bei Zweckerreichung und Zweckverfehlung nicht gerecht. Im Falle der Zweckerreichung wäre das von den Gesellschaftern investierte Kapital in eine andere Anlageform überführt worden. Die Gesellschafter, deren Interesse auf die gewinnbringende Anlage ihres Geldes gerichtet war, sollten Aktionäre der SMP Finanzdienstleistungen AG werden. Die Klägerin war damit nur Geldsammelstelle und organisatorisches Durchgangsstadium zur angestrebten Aktionärsstellung ihrer Gesellschafter. Die Durchführung der bei Gelingen des Geschäftskonzepts noch verbleibenden, allenfalls begrenzten Auseinandersetzung durch die bisherigen Geschäftsführer mag dem Interesse der Vertragsparteien noch entsprochen haben. Ganz anders ist die Interessenlage aber im Fall der Zweckverfehlung. In diesem Fall können die Gesellschafter nicht Aktionäre der SMP Finanzdienstleistungen AG werden. Dies hat zur Folge, dass eine vollständige Auseinandersetzung des gesamten Gesellschaftsvermögens nach den §§ 731 ff. BGB notwendig wird. Dabei tritt das Interesse der Gesellschafter nach Überwachung und Kontrolle in der Liquidationsphase deutlich in den Vordergrund. Dieser Gedanke liegt auch dem § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB zu Grunde (Staudinger/Habermeier, BGB, Neubearbeitung 2003, § 730 Rn. 12; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 730 Rn. 40). Die Abwicklung durch den Initiator des fehlgeschlagenen Geschäftsmodells, der sowohl die ihren Zweck nicht erreichende Klägerin geleitet hat und zugleich Geschäftsführer der SMP GmbH war, deren Insolvenz zur Zweckverfehlung der Klägerin beigetragen hat, entspricht einem solchen objektivierbaren Parteiwillen nicht.

c) Der ehemalige Geschäftsführer Walter Kraus ist auch nicht in analoger Anwendung von § 265 Abs. 1 AktG, § 66 Abs. 1 GmbHG zur Liquidation der Klägerin berufen.

aa) Für eine analoge Anwendung fehlt eine Regelungslücke, selbst wenn man berücksichtigt, dass es sich bei der Klägerin um eine Publikumsgesellschaft handelt. Die Gesellschafter der Klägerin können auch ohne Übertragung der Regelungen aus dem Kapitalgesellschaftsrecht die Handlungsfähigkeit der Klägerin in der Liquidation sicherstellen. Ihnen steht es frei, durch einen Beschluss eine von § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB abweichende Anordnung zu treffen und die Abwicklung auf einen bestimmten Gesellschafter zu übertragen. Daneben besteht die Möglichkeit, dass das Gericht auf Antrag eines Gesellschafters analog § 146 Abs. 2 HGB einen Liquidator ernennt, wenn dafür ein wichtiger Grund besteht (MünchKommHGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 146 Rn. 2a; MünchKommBGB/ Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 730 Rn. 40).

bb) Gegen eine analoge Anwendung der § 265 Abs. 1 AktG, § 66 Abs. 1 GmbHG spricht weiter, dass dies den objektiven und in § 730 Abs. 2 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommenden Interessen der Gesellschafter zuwiderliefe. Ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgelöst oder durch Erreichung oder Unmöglichwerden des vereinbarten Zwecks beendigt, so ist ihr Zweck, soweit sie noch als fortbestehend gilt (§ 730 Abs. 2 BGB), ein anderer geworden. Er beschränkt sich nunmehr auf die Auseinandersetzung und die hierzu erforderlichen Maßnahmen bei der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens. Die Entscheidung darüber, ob eine Liquidationsmaßregel erforderlich ist, will das Gesetz ersichtlich nicht in die Hände eines einzelnen Gesellschafters legen, dessen Interesse bei der Auseinandersetzung nicht mehr, wie während des Bestehens der werbenden Gesellschaft, als mit dem Gesellschaftszweck und dem Interesse der übrigen Gesellschafter parallel laufend vermutet wird. Im Liquidationsstadium gehen die Interessen der Gesellschaft stärker auseinander als während des Bestehens der werbenden Gesellschaft. Deshalb sollen sämtliche Gesellschafter über die erforderlichen Liquidationsmaßnahmen entscheiden. Dieses Recht würde den Gesellschaftern durch eine analoge Anwendung der kapitalgesellschaftsrechtlichen Normen genommen.

cc) Eine andere Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb, weil der erkennende Senat auf die körperschaftlich strukturierte Publikums-Kommanditgesellschaft weithin kapitalgesellschaftsrechtliche Regeln anwendet (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2003 - II ZR 102/02, BGHZ 155, 121, 123 f.; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 16). Eine Übertragung der Regeln des Kapitalgesellschaftsrechts auf eine Personengesellschaft scheidet aus, wenn die konkrete Ausgestaltung des zu beurteilenden Gesellschaftsverhältnisses dem entgegensteht (vgl. BGH, ...). So hat der Senat in seinem die Nachtragsliquidation betreffenden Urteil vom 2. Juni 2003 (II ZR 102/02, BGHZ 155, 121, 123 f.) zwar ausgeführt, für eine Publikumskommanditgesellschaft könnten die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs über die Liquidation nicht gelten. Maßgeblicher Grund für die Übertragung kapitalgesellschaftsrechtlicher Regeln in dieser Entscheidung war aber - neben der vom Senat aufgrund der Umstände des damaligen Falles für erforderlich gehaltenen gerichtlichen Kontrolle entsprechend § 273 Abs. 4 AktG -, dass der zu beurteilende Gesellschaftsvertrag in vielfältiger Weise kapitalgesellschaftsrechtliche Regelungen enthielt. So bestand etwa ein mit den Befugnissen eines Aufsichtsrates im Sinne des Aktiengesetzes ausgestatteter Verwaltungsrat. Auch in weiteren einschlägigen Entscheidungen des Senats ging es um die konkrete kapitalgesellschaftsrechtliche Ausgestaltung (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843, 844; Urteil vom 30. März 1998 - II ZR 20/97, ZIP 1998, 859, 860).

Eine solche kapitalgesellschaftsrechtliche Ausgestaltung liegt im Streitfall nicht vor. Bei der Klägerin handelt es sich zwar um eine Gesellschaft mit vielen Gesellschaftern. Ihr Gesellschaftsvertrag weist aber keine kapitalgesellschaftsrechtlichen Elemente auf.“

Mittwoch, 6. Juli 2011

Weitere Urteile des BGH: Klagen der SMP Beteiligungs GbR II letztinstanzlich abgewiesen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteilen vom 5. Juli 2011 in drei Fällen die von der SMP Beteiligungs GbR II eingelegten Revisionen zurückgewiesen (Az. II ZR 199/10 u.a.), nachdem er kürzlich in einem anderen Fall die Revision verworfen hatte. Die die Klagen der GbR abweisende Berufungsurteile des Thüringer Oberlandesgerichts sind damit rechtskräftig. Damit ist nunmehr auch letztinstanzlich festgestellt, dass die GbR keine Ansprüche gegen die sog. Genussrechtswandler hat. Die Klagewelle gegen geschädigte Anleger durch den als Liquidator der GbR auftretenden, im Anlagebetrugsfall SMP jedoch einschlägig vorbestraften Herr Walter Kraus dürfte damit beendet sein.

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Mittwoch, 15. Juni 2011

Bundesgerichtshof weist Revision der SMP Beteiligungs GbR II zurück

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die von der SMP Beteiligungs GbR II eingelegte Revision als unzulässig verworfen (Beschluss vom 15. März 2011, Az. II ZR 141/10). Das die Klage der GbR abweisende Berufungsurteil des LG Nürnberg-Fürth ist damit rechtskräftig. Nach  Ansicht des  BGH  war die Revision vom Landgericht nur hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit zugelassen worden. Streitig war hier insbesondere, ob der in dem Anlagebetrugsfall SMP einschlägig vorbestrafte Herr Walter Kraus tatsächlich die GbR alleine gegenüber dem beklagten Anleger vertreten durfte. Das Rechtsmittel der Klägerin hatte sich allerdings alleine auf die Abweisung der Klage als unbegründet beschränkt.

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG